Scheinselbständigkeit vermeiden: 1 umfassender Leitfaden & unsere 7 Tipps

18 Minuten

Viele Unternehmen setzen auf externes Fachpersonal, um Auftragsspitzen zu bewältigen und externes Know-how einzukaufen. Dies schafft oft eine Win-Win-Situation. Doch das Damoklesschwert der Scheinselbständigkeit birgt oftmals schwer kalkulierbare Risiken für beide Seiten. Aber wie können Freelancer und Auftraggeber aktiv Scheinselbständigkeit vermeiden? Welche Kriterien und Indizien sind relevant? Wir zeigen dir die wichtigsten Fakten, geben dir Best Practices und Tipps an die Hand, um Scheinselbständigkeit vermeiden zu können.

Das Bild zeigt eine Frau und einen Mann, sitzend auf zwei Sesseln, die miteinander sprechen.
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Was ist Scheinselbständigkeit?

Mehr als ein Drittel der Selbstständigen in Deutschland erwägen aufgrund der Rechtsunsicherheit wie z.B. Scheinselbständigkeit ins Ausland zu ziehen. Das ergibt eine Studie des Institutes der deutschen Wirtschaft (IW) Köln im Jahr 2024. Auch Zahlen von IDG-Research aus 2021 bestätigen diese Einschätzung: 57 % der befragten IT-Freelancer gaben den Aspekt „rechtliche Vorschriften, Regelungen und Rechtsunsicherheit (wie z.B. zur Scheinselbständigkeit)“ als größte Herausforderung bei Beauftragungen an. Aber was genau versteht man eigentlich unter Scheinselbständigkeit?

Selbständige arbeiten meist auf Basis von Dienst- oder Werkverträgen. In diesen Konstruktionen werden üblicherweise keine Sozialversicherungsbeiträge, sondern Umsatzsteuer gezahlt. Wichtig ist, dass die Leistungen selbständig erbracht werden. Wenn sich jedoch im Projektverlauf herausstellt, dass es sich um eine abhängige Beschäftigung handelt, bei der nur zwei Parteien beteiligt sind, spricht man von „Scheinselbständigkeit“.

Wann besteht die Gefahr einer Scheinselbständigkeit?

Bei der Frage nach der „Gefahr einer Scheinselbständigkeit“ geht es darum, ob Dienstleistungen oder Werkleistungen selbständig erbracht werden oder ob sie wie eine Arbeitnehmertätigkeit aussehen. Die Gefahr einer Scheinselbständigkeit, ist stets im Einzelfall an einer Gesamtschau von Kriterien zu beurteilen. Diese müssen bezogen auf die jeweilige Leistung überwiegend erfüllt sein, um die Gefahr einer Scheinselbständigkeit vermeiden zu können. Hierbei sind insbesondere die nachfolgenden Fragestellungen mitentscheidend:

  • Wird die Leistung auf Basis einer vertraglich vereinbarten, abgegrenzten und eigenständigen Leistungsbeschreibung erbracht und unterliegt keinen schleichenden Änderungen?
  • Kann die Leistung weisungsfrei erbracht werden?
  • Ist der externe Projektmitarbeiter nicht in die Arbeitsorganisation des Kunden integriert?

Bei der Bewertung der Gefahr einer Scheinselbständigkeit ist jedoch nicht nur auf die vertragliche Grundlage zu achten, sondern auch auf die tatsächliche Durchführung des Projektes. Entspricht diese nicht den Anforderungen eines selbständigen Dienst- oder Werkvertrages, kann die Gefahr einer Scheinselbständigkeit vorliegen.

Was ist eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung?

Sollte ein Personaldienstleister zwischen Auftraggeber und „Scheinselbständigem“ stehen, handelt es sich um eine sog. „verdeckte oder unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung“. Wichtig zu wissen: Diese Differenzierung erfolgt nicht anhand eines festen Kriterienkatalogs, sondern muss ebenfalls im Einzelfall durch die Gewichtung von individuellen Kriterien bzw. Indizien im Rahmen einer Gesamtschau ermittelt werden. Das bedeutet: Es gibt nicht den selbständigen oder abhängig beschäftigten Freelancer. Der Status muss immer projekt- und einzelfallbezogen und genau genommen kontinuierlich ermittelt werden.

Hierbei reicht nicht nur ein einfacher Blick in die Verträge. Vielmehr entscheidet die tatsächliche Durchführung des Projekts darüber, ob ein Projekt selbständig oder in abhängiger Beschäftigung und damit ggf. in Scheinselbständigkeit erbracht wird.

Sozialrechtlicher Hintergrund der Scheinselbständigkeit

Für Selbständige werden üblicherweise keine Sozialabgaben abgeführt. Altersvorsorge, eine besondere Vorsorge im Krankheitsfall, der Umgang mit projektfreien Zeiten – all dies sind Themen, um die du dich als Freelancer und entsprechend als selbständiger Unternehmer eigenständig kümmern und die du vor allem kalkulatorisch bei der Honorarfindung mitdenken musst.

Gerade das Thema des „sozialversicherungsrechtlichen Missbrauchspotenzials“ durch die Vergabe von selbständigen Leistungen durch Auftraggeber in den Niedriglohnsektoren befeuert hier die politische Diskussion um die Schutzbedürftigkeit von Freelancern.

Die bekanntesten Fälle ranken sich um Themen wie Fahrdienstleistungen, Paketdienste oder auch die Vergabe von Kleinstgewerken. Am Ende schaden diese Gewerks- und Dienstleistungsformen nicht nur den betroffenen Personen, die in diesen Branchen tätig sind. Diese Themen haben auch negative Reputationsauswirkungen auf hochqualifizierte Branchen, in denen Selbständige als qualifizierte und eigenmotivierte Unternehmer aktiv sind.

Arbeitsrechtlicher Hintergrund der Scheinselbständigkeit

Neben der rechtlichen Diskussion zum sozialrechtlichen Hintergrund gilt es daher auch die arbeitsrechtliche Diskussion im Auge zu behalten. Denn stellt sich eine Tätigkeit als abhängiges Beschäftigungsverhältnis darstehen dem Arbeitnehmer auch entsprechende Arbeitnehmerrechte (wie z.B. . Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaubstage, ein eventueller Dienstwagenanspruch etc.) zu. Auch hier differenziert die Rechtsprechung nicht zwischen womöglich „schlechter gestelltem Freelancer in kritischen Sektoren“ und einem „gut mandatiertem IT-Freelancer“, der spezialisierte Leistungen zu einem hohen Tagessatz anbieten kann.

Statusfeststellungsverfahren: Klärung, ob eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt

Da wie oben beschrieben das Thema eine sozialversicherungsrechtliche und eine arbeitsrechtliche Dimension hat, kann es auch auf unterschiedlichem Wege zu einer Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status kommen:

  1. Es stehen also arbeitsrechtliche Klagewege offen, wenn Freelancer ihre Selbständigkeit selbst in Zweifel ziehen. Dies ist natürlich insbesondere in den oben beschriebenen Fällen, in denen eine Missbrauchsvermutung seitens des „unfreiwilligen Freelancers“ vorliegt, ein Weg.
  2. Sozialversicherungsrechtlich prüft die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRVB) im sogenannten Statusfeststellungsverfahren die Selbständigkeit von Freelancern und bewertet anhand von Fragebögen, ob ein Arbeitsverhältnis oder eine Selbständigkeit vorliegt. Im sogenannten „freiwilligen Statusfeststellungsverfahren“ steht die Eröffnung dieses Verfahrens inzwischen allen Beteiligten zur Verfügung.

Kritik am Statusfeststellungsverfahren

Allerdings steht das Statusfeststellungsverfahren auch bereits seit langer Zeit in der Kritik. Besonders Verfahrensunzulänglichkeiten in den Strukturen des Verfahrens werden regelmäßig kritisiert:

Lange Prüfungsdauer

Die Prüfungsdauer beträgt oft mehrere Monate, was mit dem schnelllebigen Projektgeschäft von Freelancern nur schwer vereinbar ist. Sollte ein Verfahren aber erst nach mehreren Wochen beendet werden, kann dies neben Nachzahlungen auch einen direkten Projektabbruch zur Folge haben und grundsätzlich das weitere Geschäft des Freelancers gefährden.

Gesamtschau der Prüfungskriterien

Das Statusfeststellungsverfahren wird durch eine individuelle Gesamtschau von Kriterien/Indizien durch einzelne Prüfer bewertet. Eine Spezialisierung der Prüfer ist hierbei seitens der DRVB nicht vorgesehen. Regelmäßig berichten Marktteilnehmer davon, dass Verfahren nicht in ihrem Sinne entschieden werden. Dies bestätigen auch die Statistiken:

  • Laut den Zahlen des dt. Bundestags aus 2016 werden 42,2 % der Verfahren als abhängig beschäftigt bewertet (nach § 7a Absatz 1 Satz 1 SGB IV).
  • Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRVB) äußerte sich zur Thematik wie folgt: „2018 wurden in den geprüften rund 21.000 Fällen rund 14.000 Erwerbstätige als selbstständig eingestuft“. Das bedeutet, dass bei ca. 1/3 aller Fälle eine Scheinselbständigkeit festgestellt wurde– oftmals gegen die Einschätzung der Antragsteller.  

Diesen Fällen kann ggf. mit einem Widerspruchsverfahren begegnet werden, was wiederum zu langen Prüfdauern und kostspieligen gerichtlichen Verfahren für die Beteiligten führen kann.

Keine Zukunftsgültigkeit

Auch handelt es sich beim ermittelten Status um den Status-quo einer Selbständigkeit oder Arbeitnehmertätigkeit. Das bedeutet, dass strenggenommen, ein Verfahren keine Zukunftsgültigkeit hat, sobald sich Projektparameter ändern.

Reform des Statusfeststellungsverfahrens April 2022

Diese Kritikpunkte vieler Marktteilnehmer haben sich auch nach der Reform des Statusfeststellungsverfahrens im April 2022 nicht wesentlich geändert. Die Reform behandelt nämlich nicht den Kern der Problematik: Die Notwendigkeit transparente und einfache Abgrenzungskriterien zu definieren und eine in die Zukunft gerichtete Rechtssicherheit herzustellen. Stattdessen hat sie vor allem neue verfahrensbezogene Fragen aufgeworfen, die schlichtweg noch keine hinreichende Praxiserprobung erfahren haben:

  • Insbesondere Neuerungen wie die sog. „Prognoseentscheidung“, können zwar schon vor der Aufnahme der Tätigkeit beantragt werden, allerdings führen wesentliche Änderungen in den schriftlichen Vereinbarungen oder in der tatsächlichen Vertragsdurchführung wiederum dazu, dass der Bescheid seine Gültigkeit verliert.
  • Auch die Anwendbarkeit sog. „Gruppenfeststellungen“ hinterlässt Fragezeichen, da es weiterhin Auslegungssache bleibt, wann Auftragsverhältnisse wirklich „gleich“ sind und „den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen […]“.

Daher stehen viele Projektteilnehmende und Fachleute dem weiterhin freiwilligen Verfahren auch aktuell kritisch gegenüber und raten von der Teilnahme ab. Zudem scheint die DRV zusätzliche Voraussetzungen für das Einleiten dieser Gruppenfeststellungsverfahren zu verlangen. Dies steht einer praxistauglichen Anwendung entgegen (Mehr in: Kuckuk/Peters, NZA 22, 1377 ff., „Die praktische Umsetzung des neuen Gruppenfeststellungsverfahrens nach § 7 a IV b und c SGB IV durch die DRV Bund“).

Problem Rechtsunsicherheit: Keine eindeutigen Abgrenzungskriterien

Das große Problem der Scheinselbständigkeit oder besser gesagt das Problem Scheinselbständigkeit zu vermeiden liegt darin, dass es keine einfachen, transparenten und zukunftssicheren Abgrenzungskriterien gibt. Auch der Versuch mit sogenannten „Positivkriterien“ zu mehr Transparenz und einer einfacheren Abgrenzung beizutragen ist bei allen Reformbemühungen in den letzten Jahren stets gescheitert.

Weiterhin bleibt die Abgrenzung von Selbständigkeit zu Arbeitnehmertätigkeit ein „Grauskalierungsthema“: Du und dein Auftraggeber können nicht einfach bestimmte Regelungen treffen, die eine Scheinselbständigkeit vermeiden oder „Risiken verlagern“. Daher sind inzwischen viele Kundenunternehmen dazu übergangen mit Compliance-Maßnahmen und entsprechenden Vorgaben in ihren Häusern für Klarheit bei der Projektabgrenzung zu sorgen. Sie setzen dementsprechend auf interne Alternativen zum Statusfeststellungsverfahren.

Diese fehlende Rechtssicherheit sorgt dafür, dass Freelancer schwerer an Aufträge gelangen. Viele potenzielle Auftraggeber scheuen das Risiko späterer Nachzahlungen und rechtlicher Konsequenzen. Gleichzeitig verlieren die Unternehmen die Innovationskraft, die die Expertise externer Fachleute mit sich bringt.

Beispiel für Scheinselbständigkeit: Softwareentwickler nach Scrum

Wie schwierig die Abgrenzung einer selbständigen Tätigkeit von einer Arbeitnehmertätigkeit im Einzelfall sein kann, zeigen insb. jüngere Fälle, wie ein kürzlich vor dem LSG Baden-Württemberg (2021) als selbständig bewerteter Fall im agilen Projekt-Kontext:

Während die Deutsche Rentenversicherung einen Softwareentwickler, der nach der sog. „Scrum-Methode“ Entwicklungsaufgaben übernommen hatte, als Arbeitnehmer klassifizierte und erstinstanzlich das Sozialgericht in Karlsruhe dieser Argumentation folgte, entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg in der Revision eine selbständige Tätigkeit.

Hierbei wurde in der Begründung deutlich auf folgende Aspekte abgestellt:

  • Die Arbeitspakete, die im Rahmen der Sprints vom Auftragnehmer übernommen wurden, hatten den Charakter von Einzelaufträgen (und nicht von Weisungen).
  • Aus der Projektmethodik ließ sich keine Integration in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers ableiten.
  • Entsprechend der Scrum-Methode haben keine Weisungen stattgefunden.
  • Das besondere Wissen des Auftragnehmers hat zu einer Alleinstellung im Projekt geführt. Der Auftragnehmer hat sich weisungsfrei insb. die Arbeitspakete eigenständig zugeteilt, die diesem Wissen entsprachen.
  • Die Dokumentation seiner Arbeitsergebnisse wurde separat vorgenommen / kenntlich gemacht.
  • Ebenfalls wurden das vergleichsweise hohe Honorar und sein unternehmerisches Risiko positiv gewichtet.

Scheinselbständigkeit vermeiden: Darauf solltest du als Freelancer achten

Aufgrund der potenziellen Probleme beim Thema Scheinselbständigkeit ist es im Interesse aller Parteien, eine Scheinselbständigkeit oder verdeckte Arbeitnehmerüberlassung zu vermeiden. Du als Auftragnehmer hast hierbei zwei Ansatzpunkte: Zum einen solltest du selbst als Unternehmer auftreten und zum anderen die Zusammenarbeit mit Auftraggebern passend gestalten.

Hier findest du einige Beispiele, auf die du allgemein und im Projekt achten solltest. So stellst du sicher deinen Auftritt als unternehmerisch tätige Person zu unterstützen und um Scheinselbständigkeit zu vermeiden.

Der Auftritt als Unternehmer am Markt

Als Freelancer solltest du unabhängig von der konkreten Ausgestaltung des jeweiligen Projekts die anerkannten Statusmerkmale eines Selbständigen weitgehend erfüllen. Was heißt das konkret und in Bezug auf das Thema Scheinselbständigkeit vermeiden?

  1. Als Freelancer zeichnest du dich dadurch aus, dass du über einen längeren Zeitraum für weitere Auftraggeber tätig wirst. Zumindest solltest du dir von deinem Auftraggeber die Freiheit hierzu gewähren lassen. In der Praxis ist hierbei oftmals ein Zeitraum von 12 bis 24 Monaten gemeint.
  2. Es ist dabei hilfreich, wenn dein Marktauftritt auch werblich zur Geltung kommt: Dieser Auftritt bildet sich beispielsweise durch eine entsprechende Homepage oder andere Formen des werbenden Auftritts ab.
  3. Ein eigenes Corporate Design im kleinen Maßstab hilft ebenfalls dabei, als selbständiger Dienstleister wahrgenommen zu werden. Dazu gehören auch ein eigenes Logo und eine passende farbliche Gestaltung. Diese verwendest du im Idealfall auch auf deinen Rechnungsdokumenten.

Die Praxis der Zusammenarbeit bei einem Projekt

Entscheidend ist auch, wie das konkrete Projekt durchgeführt wird. Aus diesem Grund sollten du und dein Auftraggeber darauf achten, die Zusammenarbeit entsprechend zu gestalten. Denn es gilt weiterhin: Dein Status als Freelancer wird immer vor einer konkreten Beauftragung geprüft und wie du diese mit deinem Kunden umsetzt.

1. Weisungsfreie Leistungserbringung

Es ist ein wesentliches Merkmal einer sozialversicherungsfreien, selbständigen Tätigkeit, dass du als Selbständiger in dem vereinbarten Projekt weisungsfrei arbeitest. Hierbei betrachtet man üblicherweise drei Hauptaspekte der Weisungsfreiheit. Aber auch hier gilt: Keine Regel ohne Ausnahme!

2. Freiheit bei der Art der Leistungserbringung

Als Freelancer bist du per se frei darin, zu entscheiden, wie du deine Leistungen erbringst. Dir sollten keine Weisungen in Bezug auf die Form der Vertragsdurchführung, die Wahl der Arbeitsmethoden oder die genaue Art und Weise gemacht werden, wie du deine Leistungen zu erbringen hast. Und das Kundenunternehmen sollte dir vor allem keine disziplinarischen Weisungen erteilen. Aber natürlich gelten auch hier Einschränkungen, die in der Natur der Beauftragung liegen können: Hierzu gehören bspw. Vorgaben zu Prüfverfahren, Normen oder IT-Standards, die einzuhalten sind, genauso wie anerkannte Regeln der Technik, die es zu beachten gilt, um eine angemessene Leistung abgeben zu können. Oft ist es hilfreich, wenn du bereits mit dem Kunden Zwischenziele vereinbarst, die du dann konkret in dem Vertrag aufnehmen kannst.

3. Eigene Gestaltung der Arbeitszeiten

Als Unternehmer planst du deinen eigenen Arbeitstag und bist entsprechend auch frei in der Gestaltung deiner Arbeitszeiten. Hierbei ist es wichtig, dass dein Kunde dich nicht zu einer ungewollten Arbeitszeit einteilen und dich auch nicht verpflichtet, deine Arbeitszeit bei einem deiner Ansprechpartner an- oder abzumelden, Krankmeldungen abzugeben oder Ähnliches.

Denn diese Regeln greifen bei einer Arbeitnehmertätigkeit, aber eben nicht gegenüber einem Freelancer. Aber auch hier gibt es Ausnahmen aus dem Charakter deines Projekts bzw. deiner Dienstleistung, die du erbringst: Denn natürlich kann es erforderlich sein, dass du mit dem Kunden Übergabe-, Abstimmungs- oder Besprechungstermine vereinbaren musst. Und ebenso ist es selbstverständlich, dass du als Auftragnehmer Vorgaben der Arbeitssicherheit oder Infrastruktur beachtest. Diese können auch in gewissem Rahmen Arbeitszeiten einschränken.

4. Ort der Leistungserbringung

Die bereits beschriebene unternehmerische Freiheit setzt sich auch bezüglich der Wahl des Arbeitsortes fort. Grundsätzlich entscheiden Freelancer selbst, von wo sie arbeiten, ob in deinem Büro, im Co-Working-Space oder im Straßencafé. Als Unternehmer entscheidest du selbst, ggf. in Rücksprache auf Augenhöhe, welcher Arbeitsplatz aufgabengerecht ist. Vorgaben durch den Auftraggeber sollten nur dort entstehen, wo Inhalte der Aufgabe diesen zwingend erforderlich machen. Das kann aus methodischen Vorgaben heraus entstehen oder z.B. aus Gründen des Datenschutzes oder – immer aktueller – IT-Sicherheits-Aspekten.

Die Abgrenzung des Auftrags

Im Rahmen der selbständigen Auftragsausführung wirst du zur Erfüllung eines abgegrenzten Auftrags tätig. Dieser Auftrag sollte sich bereits aus dem Vertrag (konkret: aus der vereinbarten Leistungsbeschreibung), ergeben. Das bedeutet, dass du zwar mit dem Kunden und dessen Mitarbeitenden an der Erbringung derselben Sache arbeiten kannst, aber dein Leistungsbeitrag stets eigenständig identifizierbar bleiben muss.

Scheinselbständigkeit vermeiden durch korrekte Zusammenarbeit: Unsere 7 Tipps

Im Nachfolgenden findest du einige Best Practices, die dir helfen können deinen Status als Freelancer deutlicher hervorzuheben. Fehlt eine oder sogar mehrere der nachfolgend beschriebenen Maßnahmen, führt dies nicht automatisch zu einer Gefährdung der Selbständigkeit. Aber oft ist es bereits mit einfachen Mitteln möglich die notwendige Sensibilisierung zu unterstützen:

1. Externe Kennzeichnung deines Arbeitsplatzes beim Kundeneinsatz

Als Freelancer solltest du grundsätzlich frei entscheiden, wo die Leistung erbracht wird. Manchmal entstehen aus projektbedingten Gründen jedoch diesbezüglich Vorgaben, weshalb die richtige Kennzeichnung wichtig wird. Im folgenden findest du hierzu Beispiele:

Der Auftraggeber stellt Büroräumlichkeiten zur Verfügung, die ausschließlich für externe Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Diese Büros, sollten dann als externe Projektbüros gekennzeichnet und auf eine deine namentliche Nennung sollte verzichtet werden.

Wenn es nicht möglich ist, Freelancer in einem separaten Büro unterzubringen, besteht eine Möglichkeit darin, zumindest den Schreibtisch entsprechend zu kennzeichnen.

2. Vermeidung der Aufnahme in interne Organigramme

In internen Organisationübersichten (Organigramme des Kundenunternehmens) sollten Freelancer nicht erscheinen. Dies liegt daran, dass du als Freelancer nicht in die Arbeitsorganisation des Kundenunternehmens eingegliedert bist.

Eine Ausnahme hierzu (z.B. sofern die Aufnahme projektbedingt erforderlich ist) sollte nur dann erfolgen, wenn eine entsprechende Kennzeichnung vorgenommen wurde, aus der ersichtlich wird, dass du als externer Auftragnehmer für das Projekt zuständig sind.

3. Verwendung von Telefonie, E-Mails und Kollaborationstools

Dein Unternehmen sollte sich auch in der Wahl deiner Kommunikationstools widerspiegeln. Grundsätzlich gilt: Nutze – soweit möglich – dein eigenes Telefon und deine eigene E-Mail-Adresse. Dort, wo du z.B. aus Zugriffsgründen Kundensysteme nutzen musst, sollten sich bei dem Versand von E-Mails und der Nutzung von Kommunikations- oder Kollaborationstools (z.B. MS Teams, Web Ex etc.) stets der externe Status herausstellen. Achte darauf, dass eine arbeitsteilige Zusammenarbeit mit Arbeitnehmern des Kundenunternehmens nicht bereits durch die Verwendung dieser Kommunikationsmittel entsteht.

Ein weit verbreitetes Beispiel für die Verwendung von Mailadressen ist esdeine Mail-Adresse z.B. als „extern“ zu kennzeichnen. Dies kann z.B. direkt in der Emailadresse erfolgen (Bsp.: maxi.muster@extern.kunde.de). Hilfreich ist es auch in der Signatur das Beauftragungsverhältnis klarzustellen.

Gleiches gilt natürlich auch für die Nutzung von Kommunikations- oder Kollaborationstools, wo z.B. regelmäßig bereits bei der Namensnennung Ergänzungen wie „extern“ oder deine Firmenbezeichnung aufgenommen werden können. Zudem kannst du zur Verdeutlichung deines Externenstatus sinnvollerweise deinen eigenen Unternehmenshintergrund in solchen Tools wählen. Dies bietet dir auch die Chance als Unternehmen im Gedächtnis deines Auftraggebers zu bleiben.

Ähnlich verhält es sich auch mit Telefonsystemen des Kunden. Solltest du doch einmal projektbedingt auf die Telefonsysteme des Kunden zugreifen müssen, sollte zumindest eine Aufnahme in das interne Telefonregister des Unternehmens vermieden werden und beispielsweise in den technischen Systemen, wie z.B. auf dem Telefondisplay eine Ausweisung als Externer, z.B. mit dem Hinweis „EXTERN“.

4. Verwendung von Visitenkarten, externen Dienstausweisen und Arbeitskleidung

Zu deiner Ausstattung als Freelancer sollten auch eigene Visitenkarten gehören, da diese den externen Status nochmals deutlich hervorheben.

Sollte es erforderlich sein, dass du einen Dienstausweis des Kundenunternehmens erhältst, sollte hier bereits nach außen sichtbar sein, dass es sich nicht um Ausweise handelt, wie sie interne Mitarbeiter erhalten.

Auch bzgl. des Themas Arbeitskleidung gilt: Als Freelancer solltest du keine kundeninterne Arbeitskleidung tragen. Etwas anderes gilt jedoch, falls dies aus technischen oder sicherheitsbezogenen Gründen notwendig ist.

5. Zeiterfassung als Selbständiger

Zudem sollte für Freelancer keine Einbindung in interne Zeiterfassungssysteme des Kundenunternehmens erfolgen. Stundenberichte sollten ausschließlich zur Dokumentation der erbrachten Leistungen dienen. Anderenfalls ist die interne Zeiterfassung von der Dokumentation der Leistungen als Externer so weit wie möglich zu trennen.

6. Keine Gleichstellung mit Arbeitnehmern des Kundenunternehmens

So ärgerlich es im Einzelfall sein mag: Achte darauf nicht an kundenseitigen Sozialleistungen, z.B. bezuschusstes Kantinenessen, oder Weihnachtsfeiern etc. zu partizipieren.

Beachte auch, dass Freelancer keine Krankheits- oder Urlaubsvertretung für Mitarbeiter des Kunden übernehmen sollten, sowie dass keine einseitige Urlaubsgewährung durch den Kunden erfolgt.

Ebenso solltest du als Freelancer grundsätzlich nicht an internen Schulungen des Kunden teilnehmen. Ausnahmen können sich selbstverständlich dort ergeben, wenn sich die Schulungen auf die Einhaltung von Standards oder Vorschriften beziehen, die eine entsprechende Relevanz für dich.

7. Verwendung eigener Arbeitsmittel Vorhalten interner Arbeitsmaterialien

Als Freelancer solltest du grundsätzlich deine eigenen Arbeitsmittel nutzen, dazu gehören z.B.:

  • Mobiltelefon
  • Lizenzen (Software & Tools)
  • Geschäftspapier mit eigenem Logo etc.
  • Notebook

Dies macht auch nach außen sichtbar, dass du selbständiger Unternehmer bist. Das hilft dir enorm dabei Scheinselbständigkeit zu vermeiden.

Fazit: Scheinselbständigkeit vermeiden und Fremdpersonaleinsätze regelkonform durchführen

Zahlreiche Studien und Gespräche mit Freelancern und ihren Kunden zeigen, dass das Thema „Scheinselbständigkeit vermeiden“ eine rechtliche und im Projektalltag vor allem organisatorische Herausforderung darstellt. Gleichermaßen sind Freelancer ein wesentlicher Faktor für die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft. Als freiberufliche Fachkraft bringst du dein Know-how an die richtige Stelle bei auftraggebenden Unternehmen und hilfst so dabei, wichtige Projekte voranzutreiben. Wenn beide Parteien zudem noch korrekt zusammenarbeiten, kann davon ausgegangen werden, dass man damit das Thema Scheinselbständigkeit vermeiden kann.

FAQs zum Thema Scheinselbständigkeit vermeiden

Indem du folgende Punkte beachtest, kannst du Scheinselbständigkeit erfolgreich vermeiden:
  • Externe Kennzeichnung deines Arbeitsplatzes
  • Vermeidung der Aufnahme in interne Organigramme
  • Korrekte Verwendung von Telefonie, E-Mails und Kollaborationstools
  • Verwendung von Visitenkarten, externen Dienstausweisen und Arbeitskleidung
  • Selbständige Zeiterfassung
  • Keine Gleichstellung mit Arbeitnehmern des Kundenunternehmens
  • Verwendung eigener Arbeitsmittel Vorhalten interner Arbeitsmaterialien

Im Prinzip gelten für Freelancer die gleichen Regeln als auch für Selbständige. Um bei dem Thema Scheinselbständigkeit vermeiden auf der sicheren Seite zu sein, solltest du folgende Punkte beachten:
  • Arbeite für mehrere Auftraggeber
  • Nutze Eigene Arbeitsmittel
  • Arbeite in deinen oder verschiedenen Räumlichkeiten
  • Lass dir keine festen Arbeitszeiten vorschreiben
  • Schließe klare Dienstverträge ab, die zeigen, dass du nicht weisungsgebunden bist
  • Trage ein eigenes unternehmerisches Risiko, indem du eigene Versicherungen abschließt und für deine Altersvorsorge sorgst

So können Selbständige rechtliche Risiken bzgl. der Scheinselbständigkeit minimieren:
1. Professioneller unternehmerischer Außenauftritt
  • Aufbau von Kundenstamm (inkl. Testimonials & Referenzen)
  • Führen von aussagekräftiger Projektliste
  • Professionelle Unterstützung (Steuerberater, Rechtsanwälte & Co.)
  • Aktive Werbung für die eigene Selbständigkeit (Website, Social Media etc.)
2. Gestaltung des Projektes
  • Keine Weisungen (Form der Auftragsdurchführung, Wahl der Arbeitsmethoden)
  • Führen von aussagekräftiger Projektliste
  • Differenzierung des eigenen Leistungsbeitrags innerhalb des Projektes


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THE AUTHOR

Barbara Brunner

Barbara Brunner absolvierte ihr Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Erlangen und Lausanne (franz. Schweiz). Nach ihrem Studium startete sie bei einem internationalem Softwareunternehmen in Nürnberg und wechselte später zu einem mittelständischen Personaldienstleister, wo sie nach einiger Zeit die Leitung der Rechts- und Personalabteilung übernahm. Seit 2017 ist sie bei der Hays AG in der Abteilung Compliant Sourcing tätig, wo sie aktuell als Expert Compliant Sourcing das Thema regelkonforme Ausgestaltung von Dienst- und Werkverträgen insbesondere auf der Auftragnehmendenseite betreut.

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