Digitaler Nomade & Steuern: Was du wissen musst

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Im Zeitalter der Online-Arbeit ist das Leben auf einer idyllischen Insel, umgeben von Kokosnusspalmen, für viele ein wahrer Traum. Für digitale Nomaden hingegen ist dies Alltag. Sie können von überall aus arbeiten, solange sie über einen funktionierenden Internetzugang und einen Laptop verfügen. Allerdings gibt es einige steuerliche Aspekte, die du dabei beachten solltest. Falsche Informationen, wie die vermeintliche Steuerfreiheit bei der Arbeit im Ausland, können ernsthafte Konsequenzen haben. Aber keine Sorge! Wir erklären dir, worauf du achten musst, damit dir als digitaler Nomade steuerlich nichts im Weg steht.

Digitaler Nomade & Steuern: Was du wissen musst
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Selbständigkeit liegt im Trend – insbesondere bei digitalen Nomaden 

Die zunehmende Beliebtheit der Selbstständigkeit in den letzten Jahren ist wenig überraschend. Wirtschaftliche Herausforderungen wie Inflation, die Nachwirkungen der Pandemie und ungelöste Konflikte, wie der Ukraine-Krieg, haben signifikante Veränderungen mit sich gebracht. Viele Menschen haben ihre beruflichen Prioritäten überdacht und neu gesetzt. Flexibilität und Selbstbestimmung wird für sie immer wichtiger, dass trifft insbesondere für digitale Nomaden zu. Diese Gruppe von Berufstätigen strebt danach Arbeit und Reisen vereinen und ihre beruflichen Ziele mit persönlichen Wünschen in Einklang zu bringen, Stichwort Work-Life-Balance

Ein weiterer entscheidender Faktor sind die hohen Stundensätze, die selbständige Freelancer erzielen können. Diese haben seit der Corona-Pandemie neue Höchstwerte erreicht. Besonders gefragt sind IT-Freelancer, die an der Spitze des Arbeitsmarkts stehen und sich ihre Projekte selbst aussuchen können. Laut einer Studie des Freelancer-Kompass 2022, einschließlich einer Sonderauswertung für IT-Freelancer, liegt ihr durchschnittliches Einkommen mittlerweile bei 96 € pro Stunde. Daher ist es für sie besonders wichtig, die steuerlichen Aspekte zu verstehen, die mit dem Leben als digitaler Nomade steuerlich damit verbunden sind. 

Wohnsitzfragen und Steuerpflicht für digitale Nomaden im Ausland 

In den meisten EU-Ländern ist die Steuerpflicht an den Wohnsitz gebunden. In Deutschland gelten Personen, die ihren Wohnsitz gemäß § 8 AO oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt gemäß § 9 Satz 1 AO in Deutschland haben, gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig. Das bedeutet, dass sobald du einen Wohnsitz in Deutschland hast, dein weltweit erzieltes Einkommen auch dort steuerpflichtig ist. Für dich als digitaler Nomade heißt das steuerlich, dass du dein gesamtes Einkommen – sowohl aus Deutschland als auch aus dem Ausland – in deiner Steuererklärung angeben musst. Denn in Deutschland bist du, genau wie als Arbeitnehmer auch als Selbständiger dazu verpflichtet, deine Einkommensteuer nach den deutschen Rechtsvorschriften einzureichen. 

Dabei sind insbesondere drei Punkte zu beachten: die Abgabenordnung (AO), das Einkommensteuergesetz (EStG) und die Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV). Seit 2017 müssen Selbständige ihre Steuererklärung ausschließlich online einreichen. Es ist nicht erforderlich, genaue Einkünfte anzugeben, da die Einkommensteuererklärung unabhängig vom erzielten Einkommen jährlich eingereicht werden muss.  

Besonders die erste Steuererklärung kann für viele wie ein bürokratisches Monster erscheinen, ist eigentlich aber gut zu bewältigen. Denn der Prozess ist im Grunde genommen einfach: Die Höhe der Einkommensteuer hängt direkt vom erworbenen Einkommen ab. Für viele Freiberufler ist die Einnahmen-Überschuss-Rechnung von zentraler Bedeutung. Eine sorgfältige Buchführung über das Jahr hinweg hilft, Zeit und Nerven zu sparen, wenn die Frist zur Abgabe näher rückt. 

Einnahmen-Überschuss-Rechnung

Die Einnahmen-Überschussrechnung musst du seit 2011 ausschließlich in elektronischer Form und online beim Finanzamt einreichen. Dafür gibt es verschiedene Plattformen, die du nutzen kannst, wie zum Beispiel WISO Steuer. Freelancer und digitale Nomaden sind verpflichtet, alle Nachweise zu Kosten, Einnahmen und anderen betrieblich sowie steuerlich relevanten Dokumenten bis zu zehn Jahre lang aufzubewahren. 

Eine ordentliche Buchführung ist dabei unerlässlich. Die gute Nachricht: Du musst nicht alle Nachweise für die Steuererklärung unaufgefordert einreichen. Das zuständige Finanzamt informiert dich, falls zusätzliche Dokumente benötigt werden. In jedem Fall musst du eine Reihe weiterer Formulare (Mantelbogen, Anlageformulare EÜR, Anlage G, Anlage S, Gewerbesteuererklärung, Umsatzsteuererklärung und Anlage Coronahilfen) direkt über Steuer-Plattformen beim Finanzamt einreichen. 

Ausnahmeregeln

Ausnahmen bestätigen die Regel – zumindest manchmal. Wenn du als Freiberufler oder digitaler Nomade keine Plattformen nutzen kannst, musst du beim Finanzamt eine Ausnahmeregelung beantragen. Für eine spätere Einreichung hast du bis spätestens zum 31. Juli des Folgejahres Zeit. Wenn du mit einer Steuerberatung zusammenarbeitest, kannst du jedoch eine Fristverlängerung von bis zu 14 Monaten beantragen. Die Genehmigung dafür liegt allerdings im Ermessen der Finanzämter. Solltest du in den Vorjahren die Frist zur Einreichung mehrmals versäumt haben, könnte das Finanzamt die Verlängerung ablehnen. In diesem Fall musst du die Einkommensteuererklärung innerhalb der folgenden vier Monate einreichen. 

Steuerliche Herausforderungen für digitale Nomaden mit Zweitwohnsitz 

Wir haben bereits geklärt: Wenn du einen Wohnsitz in Deutschland hast, bist du verpflichtet, dein weltweites Einkommen in Deutschland zu versteuern, selbst wenn du viel Zeit im Ausland verbringst oder gar dort lebst. Das ist nachvollziehbar. Bei einem Zweitwohnsitz wird die Situation jedoch schon etwas komplizierter. Als digitaler Nomade solltest du deshalb insbesondere zwei Aspekte im Blick behalten: Die 183-Tage-Regel und das Doppelbesteuerungsabkommen. Diese beiden Punkte sind entscheidend, um deine steuerlichen Verpflichtungen korrekt zu managen.

1. Die 183-Tage-Regelung 

Die 183-Tage-Regel ist wohl die bekannteste unter Selbstständigen im Ausland. Aber was hat es damit auf sich? Die Regel besagt, dass digitale Nomaden unter (Steuer-)Residenz in einem Land stehen, wenn sie sich dort für 183 oder mehr Tage in einem Kalenderjahr aufhalten. Das bedeutet, wenn du einen Zweitwohnsitz im Ausland hast, dort aber mehr als 183 Tage verbringst, giltst du dort auch als steuerlich ansässig. Ergo: Du musst dein weltweites Einkommen auch in diesem Land versteuern. 

Verbleibt die Arbeit bei weniger als 183 Tagen im Ausland und wird derselbe Arbeitslohn wie in Deutschland verdient, bleibt diese Berufsgruppe weiterhin in Deutschland steuerpflichtig. Die Regelung greift jedoch nur, wenn alle genannten Bedingungen gleichzeitig erfüllt sind. Liegt dagegen kein fester Wohnsitz mehr in Deutschland vor und wurde mehr als 183 Tage im Ausland gelebt, verfällt die Steuerpflicht in Deutschland für die Zeit des Aufenthalts in einem anderen Land. 

Wir klären das Ganze noch einmal anhand eines Beispiels: Leo ist ein selbständiger Softwareentwickler aus Deutschland, der remote für verschiedene internationale Kunden arbeitet und einen Zweitwohnsitz in Thailand hat: 

  • Szenario 1: Leo verbringt über 200 Tage in Deutschland, um seine Familie zu besuchen und an lokalen Projekten zu arbeiten. Da er mehr als 183 Tage in Deutschland ist und obwohl sein Einkommen hauptsächlich aus internationalen Projekten stammt, bleibt er in Deutschland steuerpflichtig und versteuert sein Einkommen dort. 
  • Szenario 2: Leo entscheidet sich für 200 Tage in Thailand zu leben und dort zu arbeiten. Da er mehr als 183 Tage in Thailand verbringt, gilt er dort als steuerlich ansässig und muss sein weltweites Einkommen in Thailand versteuern.
  • Szenario 3: Leo verbringt 250 Tage in Vietnam, ohne einen festen Wohnsitz in Deutschland zu haben. Da er mehr als 183 Tage im Ausland lebt und keinen festen Wohnsitz mehr in Deutschland hat, entfällt seine Steuerpflicht in Deutschland für die Zeit, die er in Vietnam verbringt. In diesem Fall versteuert er sein Einkommen nur in Vietnam.

2. Das Doppelbesteuerungsabkommen 

Das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ist ein internationales Abkommen, das sicherstellen soll, dass Selbständige nicht in mehreren Ländern für dasselbe Einkommen besteuert werden. Es legt fest, welches Land das Recht hat, Steuern auf bestimmte Einkünfte zu erheben, und regelt, wie Steuerpflichtige in diesen Ländern behandelt werden. Im Klartext: Es schützt dich vor Doppelbesteuerung, schafft Klarheit über deine steuerlichen Verpflichtungen und hilft dir deine Gesamtsteuerlast zu minimieren. 

Um das Ganze zu verdeutlichen, gehen wir noch einmal auf die verschiedenen Szenarien von Leo ein:

  • Szenario 1: Leo bleibt in Deutschland steuerpflichtig, da er mehr als 183 Tage dort verbringt und obwohl sein Einkommen aus internationalen Projekten stammt. In diesem Fall greift das DBA nicht, da er nicht in zwei Ländern gleichzeitig steuerpflichtig ist.
  • Szenario 2: Da Leo mehr als 183 Tage in Thailand verbringt, gilt er dort als steuerlich ansässig. Hier kommt das DBA zwischen Deutschland und Thailand ins Spiel. Es legt fest, dass Leo in Thailand für sein Einkommen steuerpflichtig ist. Das DBA sorgt dafür, dass er nicht in beiden Ländern für dasselbe Einkommen besteuert wird. Wenn Leo in Thailand Steuern zahlt, kann er diese in seiner deutschen Steuererklärung anrechnen lassen, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. 
  • Szenario 3: Leo verbringt 250 Tage in Vietnam und hat keinen festen Wohnsitz mehr in Deutschland. In diesem Fall entfällt seine Steuerpflicht in Deutschland. Das DBA zwischen Deutschland und Vietnam könnte relevant sein, falls Leo in Deutschland Einkünfte erzielt. Es würde sicherstellen, dass er nicht doppelt besteuert wird, falls er in Deutschland steuerpflichtig wäre.  

Ein Punkt noch: Es ist wichtig, die spezifischen Bestimmungen des jeweiligen Abkommens zu verstehen, da diese je nach Land unterschiedlich sein können. Informiere dich deshalb gründlich über die steuerlichen Regelungen des Abkommens des jeweiligen Landes, bevor du dich für ein Land entscheidest. 

So meldest du dein Gewerbe an: Steuerpflicht als digitaler Nomade 

Grundsätzlich ist es für digitale Nomaden wichtig, sich gut vorzubereiten, damit die Arbeit im Ausland gelingen kann. Im Gegensatz zu Freelancern mit festem Wohnsitz in Deutschland musst du als digitaler Nomade mit dem ausländischen Zweitwohnsitz dein Gewerbe und deine gewerblichen Einkünfte anmelden. Wenn du bereits ein Gewerbe in Deutschland hast, kannst du dieses auch aus dem Ausland fortführen. Du musst es in deiner Steuererklärung angeben. Wird der ständige Wohnsitz in Deutschland gekündigt, muss du dein Gewerbe im Ausland anmelden. Unter bestimmten Voraussetzungen ist es auch möglich, ein Gewerbe ohne festen Wohnsitz in Deutschland anzumelden. Für detaillierte Informationen kannst du die Existenzgründungsplattform des BMWK besuchen. 

Wichtige Versicherungen für digitale Nomaden: Altersvorsorge und Auslandskrankenversicherung 

Wie auch Freelancer zahlen digitale Nomaden weder in Deutschland noch im Ausland in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Das heißt für dich: Du musst dich privat um deine Altersvorsorge sorgen. Wenn dein Erstwohnsitz in Deutschland bleibt, kannst du auch in die Deutsche Rentenversicherung einzahlen. Alternativ kann es auch sinnvoll sein, in Immobilien zu investieren, Aktien zu kaufen oder Riester-Förderungen zu nutzen, um privat vorzusorgen.  

Des Weiteren ist eine internationale Auslandskrankenversicherung für digitale Nomaden unerlässlich, insbesondere bei längeren Auslandsaufenthalten. Die Beiträge hängen von der jeweiligen Versicherung und der Dauer des Aufenthalts ab. Es ist ratsam, sich frühzeitig mit dem Thema Altersvorsorge und Versicherungen auseinanderzusetzen, um individuelle Lösungen zu finden, die dein Einkommen im Alter sichern. 

Fazit: Als digitaler Nomade Steuern verstehen ist der Schlüssel zum Erfolg

Um als digitaler Nomade im Ausland erfolgreich zu sein, gibt es einige Aspekte, die du beachten solltest. Zunächst sind die steuerlichen Rahmenbedingungen von großer Bedeutung, da dein Wohnsitz entscheidend für deine Steuerpflicht ist. Es ist wichtig, dich mit der 183-Tage-Regel und dem DBA vertraut zu machen, um steuerliche Fallstricke zu vermeiden. Achte auch auf eine sorgfältige Buchführung und die An- oder Ummeldung deines Gewerbes, um die fristgerechte Abgabe deiner Steuererklärung sicherzustellen. Wenn du zudem deine Altersvorsorge im Blick behältst, steht deinem Erfolg als digitaler Nomade nichts mehr im Wege. 

FAQ

Ein digitaler Nomade ist jemand, der seinen Geld durch Online-Arbeit verdient. Diese Person kann von nahezu jedem Ort aus arbeiten, solange sie über eine funktionierende Internetverbindung und einen Laptop verfügt. Dadurch ist sie ortsunabhängig und muss nicht zwingend einen festen Wohnsitz haben. Dieser Lebensstil ermöglicht es ihr, Arbeit und Reisen zu kombinieren.

Prinzipiell geht das einfach: Überlege dir zunächst, wie du als digitaler Nomade Geld verdienen möchtest. Wichtig ist dabei, dass du die Arbeit online ausführen kannst. Sorge dich dann um das technische Setup – ein Laptop und eine zuverlässige Internetverbindung. Das ist für dich unerlässlich, um ortsunabhängig arbeiten zu können. Im Blick solltest du als digitaler Nomade auch das Thema Steuern haben. Beachte steuerrechtliche Aspekte, um als digitaler Nomade erfolgreich zu sein.

Hier und da bzw. dort, wo es ihnen am besten gefällt. Das ist das Schöne, mit einem Laptop unter’m Arm und einer Internetverbindung, können sie wirklich von überall aus arbeiten. Es ist dir überlassen, ob du einen festen Wohnsitz hast und reist, mehrere Wohnsitze besitzt oder einfach ohne Wohnsitz aus arbeitest. Das ist einzig und allein dir überlassen. Um die beste Wahl zu treffen, solltest du als digitaler Nomade die steuerrechtlichen Aspekte im Hinterkopf behalten.

Prinzipiell können digitale Nomaden alle Jobs machen, die sich gut für ortsunabhängiges Arbeiten eignen, also am Laptop mit Internetverbindung machen lassen. Typische Berufe sind die Bereiche IT, Online Marketing, Writing oder Design. Das sind alles Berufe, die einzig und allein mit einem Online-Zugang bewältigen lassen.

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THE AUTHOR

Lukas Schmitt

Lukas Schmitt ist seit über zwei Jahren freiberuflich in der IT-Branche tätig und spezialisiert auf IT-Dienstleistungen. Hauptberuflich arbeitet er als Solution Architect und kombiniert seine Expertise aus beiden Rollen, um Unternehmen dabei zu unterstützen, innovative und skalierbare IT-Lösungen zu entwickeln. Sein Fokus liegt darauf, komplexe technische Herausforderungen zu meistern und gleichzeitig einen nachhaltigen Mehrwert für seine Kunden zu schaffen. In seiner freiberuflichen Tätigkeit setzt er auf ein tiefes Verständnis aktueller Technologien, um Projekte effizient und erfolgreich umzusetzen.

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